Es sind nun schon zwei Wochen vergangen und es geht mir nicht aus dem Kopf. Die Masterclass beim Stilpirat. Endlich komme ich dazu, ein paar Zeilen darüber zu schreiben.

Schon länger folge ich den Arbeiten von Steffen Böttcher alias Stilpirat aka Heidefotograf. Mit viel Freude lese ich immer sehr gerne seinen Blog. Seine Bücher Abenteuer Fotografie, Logbuch Vietnam und Logbuch Ghana habe ich mit Freude und Wohlwollen verschlungen.

Letztes Jahr begann ich in der Fotografie mehr und mehr in die Richtung Hochzeiten und Portrait zu gehen. Ein spannender Teil der Fotografie, der mir sehr viel Freude bereitet. Vorher standen für mich eher Landschaft und Architektur im Vordergrund. Aber die Interaktion mit Menschen, anderen eine Freude mit schönen Bildern zu machen und gemeinsam Spaß haben, ist einfach herrlich. Daher entschloss ich Anfang dieses Jahres, mich für die Masterclass von Steffen anzumelden. Zwei Tage intensiver Portrait-Workshop.

Ab dem Tag der Anmeldung konnte ich es kaum erwarten, und ersehnte den Tag X. Man macht sich ja vorher schlau. Liest viele Rezensionen und baut viel Vorfreude auf, die immer größer wurde, umso öfter man Berichte liest.

So, der Tag war gekommen. Da ich gute 500 km Anreise hatte, entschied ich mich, bereits einen Tag früher anzu- und einen Tag später abzureisen. Abends angekommen wurde ich von Christopher empfangen. Christopher nahm wie ich an der Masterclass teil und war ebenfalls einen Tag zuvor angereist. Kurze Zeit später war dann auch Steffen da, der mit seinem Kumpel Josh unterwegs war. Cooler Typ. Steffen war gleich super herzlich. Es kam mir vor, als wäre ich schon einmal im Heidestudio gewesen. Es fühlt sich an, wie nach Hause kommen. Man kennt es von Bildern. Jeden Winkel. Rustikal und herzlich mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Eine Wohlfühloase, nicht nur für Fotografen und Models. Also. Steffen. Super lockerer Kerl. Man kommt gleich ins Gespräch. Als ob man sich ein paar Jahre nicht gesehen hat. Man kennt ihn. Und er redet mit einem, als ob er einen auch schon lange kennt. Er blieb allerdings nicht lange, sagte Christopher und mir jedoch, wir sollen uns wie daheim fühlen und tun und lassen, was wir wollen. So verbrachten wir den Rest des Abends damit, Bildbände, von denen es reichlich im Heidestudio gibt, anzuschauen. Da hat der Steffen schon tolle Bücher im ganzen Haus verteilt (selbst auf den Schlafzimmern und in den Bädern). Bildbände, das habe ich in den zwei Tagen gelernt, sind eine tolle Inspirationsquelle. Mein Wunschzettel ist nun voll damit.

– Tag 1 –

Nach einer etwas unruhigen Nacht – Christopher ging es ähnlich – trafen wir uns schon vor dem geplanten Beginn der Masterclass am Esstisch. Christopher und ich setzten fort, womit wir aufhörten. Bildbände studieren. Kurze Zeit später kam Steffens wundervolle Frau und gute Seele des Hauses, Christina, mit Frühstück. Christina versorgte uns die zwei Tage mit ihren wundervollen Speisen drei mal am Tag. Allein das hätte einen eigenen Beitrag verdient. Ich – der alte Fleischesser – habe zwei Tage kein Stückchen Fleisch gegessen und es nicht vermisst. Und das, obwohl ich mir immer einrede, dass eine Mahlzeit ohne Fleisch keine Mahlzeit ist 🙂 Christina tischte uns frische Brötchen, selbst gemachte Marmeladen, Obstalat und herrliche, selbstgemachte Frischkäse-Varianten auf. Unglaublich, wie gut das schmeckte. Die große Mühe die sich machte, Kuchen und Kekse für uns zu backen und abends noch einmal mit leckeren Speisen zu verwöhnen kann ihr gar nicht hoch genug angerechnet werden.

Nunja. Der Tag begann also mit einem wunderbarem Frühstück. Und tollen Teilnehmern. Zu Christopher und mir gesellten sich noch Lisa, Volker und Markus. Nach einer kleinen Vorstellungsrunde ging es gleich ans Eingemachte. Steffen erzählte kurz seine Lebensgeschichte. Was er schon alles gemacht hat. Was gut war, was weniger gut war. Und was ihn zur Fotografie gebracht hat. Und warum er das macht, was er heute macht. Steffen ist ein toller Erzähler, dem man stundenlang lauschen kann. So erzählte er die zwei Tage viele Geschichten, die einem in Erinnerung bleiben werden. Für unsere Notizen erhielten wir ein SMASH-Notizbuch mit vielen unterschiedlichen, bunten und kreativ gestalteten Seiten. Dies sollte unsere Kreativität steigern und unser Erinnerungsvermögen ebenso. Es ging viel um Kreativität und Inspiration. Um „groß“ zu denken. Um Dinge zu hinterfragen. Um die eigene Einstellung. Um (Rahmen-)Bedingungen. Um Ziele zu setzen. Um Psyche. Und natürlich um Kommunikation. Nach dem Frühstück und einem minimalen Theorieteil und einer kurzen Information zum Ablauf der zwei Tage gingen wir ins Wohnzimmer, dem Studio. Hier hat Steffen ein riesiges Regal mit Bildbänden. Und um diese ging es die kommenden zwei, drei Stunden. Angefangen mit August Sander’s „Menschen des 20. Jahunderts“ ging es über Yousuf Karsh, Sally Mann, Vivian Meyer, Saul Leiter, Annie Leibovitz und Paolo Roversi um Bildsprache. Steffen sieht hier Inspiration und hinterfragt diese Bilder. Und um herauszufinden, wie sie entstanden sind, probiert er es einfach selbst aus. Das beste Beispiel war dabei August Sander, der mit einer Großformat Kamera Menschen fotografierte. Was auf den ersten Blick im Bildband sehr steif aussah, entpuppte sich als knallharte und unberechenbare Arbeit. Und so gab uns Steffen mit zu üben, zu üben und zu üben. Nachmachen und seinen eigenen Stil dabei finden.

Noch nicht ganz abgeschlossen mit der Bücherrunde, kam Lena vorbei. Lena (und am nächsten Tag ihr frisch gebackener Ehemann Bertan) stellte sich uns als Model zur Verfügung, damit Steffen uns ein paar Tipps und Tricks für gute Portraitfotos mitgeben konnte. Dabei ging es um Lichtsetzung, Kommunikation, Bildideen, und und und. Dabei agierte meist Steffen. Es ist super, ihm bei der Arbeit zuschauen zu können. Wie es bei ihm an Ideen sprudelt. Pure Inspiration. Selbst konnten wir uns natürlich auch probieren. Aber unterm Strich habe ich selbst kaum Fotos gemacht. Aber darum ging es bei der Masterclass auch nur nebensächlich, obwohl es die Hauptsache ist. Paradox. Ich vergaß. Zwischendrin gab es natürlich noch Kuchen, den uns Christina liebevoll servierte. Wir hatten sogar Glück und bekamen noch ein Stückchen vom Ghana-Kuchen 🙂

So verging der Nachmittag wie im Flug und es gab schon Abendessen. Schon wieder essen. Man könnte meinen, wir hätten nichts anderes gemacht. Aber es muss erwähnt werden, weil es so gut war. Nach dem Essen kamen wir zur Bildanalyse. Jeder Teilnehmer hatte 20 Bilder dabei, die Steffen kritisierte. Und kritisieren ist hier nicht negativ gemeint. Eine wichtiges und immer bleibendes Zitat aus meinen ersten Ausbildungstagen (was nun auch schon wieder 10 Jahre her ist) sagt: „Kritik ist mitgeteilte Wahrnehmung“. Und das hat sich bei mir eingebrannt. Also. Bildkritik. Ich schweife ab. Jeder Teilnehmer hatte 20 Bilder dabei, wie ich bereits erwähnte. Steffen sah sich die Bilder an und kommentierte sie. Knallhart. Ehrlich. Direkt. Jedes einzelne. Und das war gut. Denn hier bekamen wir alle aufgezeigt, wo der Schuh drückt und wo nicht. Das gibt einem zu Denken und ist das, worauf es ankommt. Denn so kommt man weiter.

Der Tag war dann auch schon um. Müde und erschöpft schaute ich dann wieder zusammen mit Christopher und Markus, der nun auch noch mit im Haus übernachtete, Bildbände an. Einen nach dem anderen. Bis die Augen fast zufielen. Und so ging es ab ins Bettchen. Ein neuer, anstrengender und toller Tag wartete bereits.

– Tag 2 –

Und wieder war ich sehr früh wach. Was war los? Ich hatte doch Urlaub. Wie kann man denn da so früh aufstehen? Achja. Die Masterclass ruft. Schon vor Christina, aber wieder zusammen mit Christopher saß ich wieder unten im Studio am Tisch. Wieder einen Bildband in der Hand. Kurze Zeit später trudelten Lisa und Volker ein und Christina bereitete uns wieder ein tolles Frühstück. Diesmal gab es statt Obstsalat Haferbrei. Klingt komisch. Schmeckte aber sau gut. Nach zwei Kaffee ging es dann weiter. Vollgas. Das Programm: Kommunikation. Den halben Vormittag erzählte uns Steffen über die Wichtigkeit der Kommunikation. Wie kommuniziert man. Und warum macht man es so. Wie erreicht man das Model. Wie bekommt man das Bild, das man sich vorstellt. Als Inspiration dienen dazu nicht nur Bildbände und Bücher, sondern auch Magazine. Die Wichtigkeit von Konzepten und Moodboards wurde uns allen mehr und mehr klar. Nach diesen intensiven zwei Stunden ging es wieder ins Wohnzimmer. Hier ging es heute zunächst um Studioportraits und Lichtaufbau. Eigentlich recht simpel. Zumindest der Lichtaufbau. Dann ging es um Körperhaltung und Spannung. Auf was man da so alles achten kann oder muss. Kleinigkeiten, an die ich nie gedacht hätte. Heute weiß ich es und bin dankbar. Nachdem wir das Lichtsetting und Posen besprochen hatten, gab es schon wieder Kaffee und Kuchen. Zucker und Koffein taten jetzt gut. Mal kurz etwas runter kommen und den vielen Input verdauen. Speichern.

Nun kam Bertan. Lena’s Ehemann. Ein super Typ. Für den Nachmittag gab es dann für jeden zwei Aufgaben:

1) Jeder Teilnehmer macht ein Foto von Bertan im Wohnzimmer-Studio. Dabei achten Bertan und Steffen auf die Kommunikation und das Verhalten des Fotografen. Danach bekam jeder in einem Einzelgespräch seine Stärken und seine Schwächen sowie seine Entwicklungspotentiale aufgezeigt.

2) Jeder Teilnehmer sollte in der Zwischenzeit ein kleines Konzept für ein Shooting erstellen. Entweder mit Bertan oder mit Steffen.

Der erste Teil fiel mir sehr leicht. Ich war mit Bertan recht schnell auf einer Wellenlänge und wir unterhielten uns so lange, dass ich das Fotografieren fast vergaß. Bertan übrigens auch. Und so musste Steffen das Ding dann doch irgendwann abbrechen. Hat Spaß gemacht. Der zweite Teil fiel mir dann etwas schwerer. Nun sind in den Bildbänden und Zeitschriften doch viel mehr Frauenportraits. Wie finde ich da etwas passendes? Ich hab etwas gefunden, skizziert und im Kopf nachgespielt. Naja. Wurde wieder verworfen. Ich gebe zu: Hier brauchte ich etwas Starthilfe. Aber das war gut und öffnete mir die Augen. Üben. Üben. Üben. Probieren. Probieren. Probieren. Und schon war der Tag fast wieder vorbei. Leider.

Steffen gab uns aber noch mal sehr viel Input mit auf den Weg. Zunächst noch mal auf psychologischer Ebene. Er gab uns Mut. Viel Lebensenergie. Viel Inspiration. Viel Motivation. Lebensfreude. Großes Denken. Großes Handeln. Ziele und Träume. Eine JA-Mentalität. Mach es. Es gibt kein Nein. Ich kann es hier kaum in Worte fassen. Auch wenn ich nun schon so viele niedergeschrieben habe. Danach gab es noch einen kleinen Exkurs in die Bildbearbeitung, was aber eigentlich kein Hexenwerk ist. Abgerundet und beendet wurde der Abend dann beim gemeinsamen Bierchen und Zittern mit der deutschen Nationalmannschaft im Spiel gegen die USA, welches Deutschland für sich entscheiden konnte. Nachdem Steffen sich herzlich von allen verabschiedete, nutzten wir drei Studio-Übernachtungs-Gäste noch einmal die Gelegenheit, ein paar Bildbände zu studieren, ehe es dann wieder total erschöpft in die Federn ging. Christina kam am nächsten Morgen noch einmal und verwöhnte uns ein letztes Mal mit einem tollen Frühstück (vielen Dank noch mal dafür) ehe es auf die Reise nach Hause ging.

Was bleibt? Viel Inspiration und Motivation. An und über die Grenzen gehen. Lebensfreude. Eine noch positivere Einstellung. Nicht nur zur Fotografie. Zu allem. Freunde, Bekannte und Familie fragten mich nach diesen zwei Tagen, ob ich einer Gehirnwäsche unterzogen wurde. Ich glaube ja. Im positiven. Aber so was von positiv.

Life is about saying YES!

Vielen Dank Steffen und Christina für eure einmalige und wunderbare Gastfreundschaft. So jemanden wie euch gibt es kein zweites mal auf dieser Welt!

Danke Lena und Bertan für eure Zeit, eure Geduld und eure Freude, die ihr uns gegeben habt. Danke für die vielen Gespräche. Danke auch noch mal an die anderen Teilnehmer der Masterclass. Es hat riesig viel Spaß gemacht mit euch allen.

Achja, bevor ich es vergesse. Hier ein paar Bilder von Lena, Bertan und dem schönen Heidestudio. Ich habe in zwei Tagen Intensiv-Portrait-Workshop übrigens keine 50 Portrait-Fotos geschossen. Für einen solchen Workshop eigentlich nicht viel möchte man meinen. Und dennoch sehr sehr viel. Das sagt viel über die Masterclass. Also, hier die Bilder 🙂

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[…] http://florianleist.de/wp/viel-magie-und-feenstaub-die-masterclass-beim-stilpirat/ […]
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Peter Mayer
13. Juli 2014
Wahnsinnsfotos
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11. September 2014
Hi Florian, vielen Dank für diesen tollen und ausführlichen Bericht. Das macht ja richtig Lust auf mehr und vielleicht mal eine eigene Teilnahme an der Masterclaas. Ich verfolge den Steffen auch schon eine ganze Weile und bin von seinen Aktivitäten immer wieder begeistert. Viele Grüße Michael
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[…] kenne ich von der Masterclass beim Stilpiraten. Ein super Typ und toller Fotograf. Nach über einem Jahr halten wir immer noch […]
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18. Juni 2016
Ein toller Bericht und die Fotos finde ich richtig gut! Ein wenig Neid kommt auf, weil man selbst nicht dabei gewesen ist.... Viele Grüße aus Bielefeld
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    flowtation
    27. Juni 2016
    Danke. Freut mich :)
    Antworten
14. Januar 2018
Interessant geschrieben!
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